Dieser Blogartikel ist Folge 7 einer Neuauflage der „Nordlichtpost“ – einer exklusiven Newsletter-Serie rund um die Veröffentlichung meines Romans „Eismusik – Fridtjof Nansens größte Liebe„. Heute: Die Hochzeit!
Alle Folgen auf einen Blick hier.
Traumwetter bei der Nansen-Hochzeit, damals in der Uranienborger Kirche
Am 6. September 1889 heirateten Eva Sars und Fridtjof Nansen in der Kirche des Osloer Stadtteils Uranienborg. Die Kirche habe ich bei meinen Recherchen natürlich besucht, das Bild ganz rechts zeigt das frisch vermählte Paar kurze Zeit später im Herbst 1889.

Das Wetter an jenem Septembertag war sonnig und warm, und die Nansen-Hochzeit zog viele Schaulustige an.
Wie Eva und Fridtjof die Hochzeit selbst erlebten, ist nicht im Detail überliefert. Daher lag es an mir, diese Lücke auf Basis meiner Recherchen auszufüllen.
Natürlich kenne ich in dieser Szene, im Gegensatz zu meinen Romanfiguren, bereits das Schicksal, das ihnen in der Zukunft bevorsteht. Und dieses Wissen ist in die Szene eingeflossen, es ließ sich gar nicht vermeiden.
Doch lest selbst…

6. September 1889, Kristiania
Fünf vor elf. Eva sah zur Wanduhr der Sakristei und griff nach dem Brautstrauß. Sie mussten sich bereithalten, der Pastor, ein enger Freund ihrer Mutter, würde mit der Trauung pünktlich beginnen.
»Und du hast schon in Grönland an die Hochzeit gedacht, Onkel?«
»Natürlich habe ich das!«
Fridos Neffen und Nichten scharten sich um ihn, während er mit ein paar letzten Handgriffen den Kragen seines Fracks richtete. Acht Mädchen und Jungen, allesamt lichtblond. Die Kinder seiner älteren Halbgeschwister aus der Bølling-Verwandtschaft, Eva konnte sie kaum unterscheiden. Eigentlich sollten sie Spalier stehen und hinterher Blumen streuen. Doch viel lieber hörten sie von den Abenteuern ihres jungen Onkels.
»An genau diesen Tag hast du gedacht?«, fragte Gunnar, der kleinste Bølling, und blickte ungläubig. »An heute?«
»Sicher habe ich das. Pausenlos. Ich habe an meine Hochzeit gedacht und an meine wunderschöne Braut. Tag … und Nacht.« Er schenkte Eva ein Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ. Doch der kleine Gunnar blieb skeptisch.
»Stimmt nicht! Du hast gesagt, in der Mitte von Grönland, da ist es eiskalt. Da kannst du gar nicht so viel denken, sonst vereist dir ja das Gehirn.«
Vergnügtes Kinderlachen.
»Quatsch! Das geht doch gar nicht«, kam es von Gunnars älterer Schwester, die bereits in die Schule ging.
»Och, es gefriert schon einiges da oben auf dem Eisschild bei minus vierzig Grad.« Frido machte ein verschwörerisches Gesicht und senkte die Stimme. »Einmal ist mir der Bart über dem Mund festgefroren. Da konnte ich erst einmal nichts mehr sagen.«
Große Augen in der Runde.
»Jede Stunde musste ich mir auch an die Nase fassen und sie kräftig reiben. Sie wäre mir sonst einfach abgefallen.«
Entzücktes Quietschen. Sofort bedeckten Kinderhände schützend acht kleine Nasen.
»Und erst der Wind dort auf dem Eis! Die Grönländer nennen ihn Piteraq. Er schafft bis zu dreihundert Kilometer in der Stunde. Einmal wehte er uns beinahe weg. Später hatten wir ihn im Rücken, das war besser. Wir haben die Segel gesetzt und sind mit unseren Schlitten übers Eis gesaust … Huuuiiii!«
Seliges Johlen der Kinder. Auch Eva musste lachen. Jetzt ist er in seinem Element. Frido schwang die Arme, prustete und schnaufte. »Soo sind wir quer durch Grönland gesaust … mit dem Piteraq.«
Eva sah ihm zu und dachte: Gleich ist es so weit. Keine Stunde mehr, und ich bin Frau Nansen. Noch vor Mittag beginnt mein neues Leben.
»Und das ist dein größtes Abenteuer gewesen, Onkel?«, fragte Gunnar. Seine Augen leuchteten jetzt, mit glühenden Wangen erwartete er Fridos Antwort.
Dieser überlegte. »Mein größtes Abenteuer? … Nein.«
Die Glocke begann zu bimmeln und rief sie ins Innere des Kirchenschiffs. Mit ein paar Schritten war Frido bei Eva, nahm ihre Hand und drückte sie. »Wenn ihr mich nach meinem größten Abenteuer fragt, Kinder, dann kann ich euch sagen: Freut euch, ihr seid dabei, denn es beginnt genau jetzt.« Er sah sie an. Und Eva erkannte, dass es ihm ernst war.
***
Ich werde sie lieben und ehren… Frido kniff die Augen zusammen, als sie nach der Trauung aus der Kirche ins helle Sonnenlicht traten. Ich werde sie lieben und ehren und ihr die Welt zu Füßen legen. Ich werde uns ein Heim bauen, ein prachtvolles, stolzes Heim direkt am Fjord. Und immer, wenn ich zurückkehre, wird sie dort auf mich warten.
Meine Frau.
Seite an Seite schritten sie die Treppe vor der Uranienborger Kirche hinunter. Frido sah in der Schar der Gäste fast nur strahlende Gesichter. Allein seine Schwiegermutter Maren Sars verfolgte das Geschehen mit versteinerter Miene. Hinter den Verwandten und Freunden drängte sich eine große Menge an Zaungästen. Alle wollen uns sehen, dachte Frido und schickte ein breites Lächeln über die Köpfe der Menschen. Alle wollen sie sagen, ich hab sie gesehen: die schöne Sängerin und ihren Wikinger. Rechts und links eskortierten sie die Neffen und Nichten mit Henkelkörben. Sie warfen weiße Blütenblätter auf den Weg, ganze Hände voll, Frido kam es so vor, als liefen er und Eva über Schnee. Auch wir werden Kinder haben. Viele starke, gesunde Kinder. Und wir werden glücklich sein bis ans Ende unserer Tage. In Evas geschmücktem Haar tanzten silbrige Lichter. Solange sie bei mir ist, wird alles gut…
(“Eismusik“ hier bestellen und später weiterlesen)
Und was erwartet Euch in der nächsten Nordlichtpost?
Wir entlassen unsere Frischvermählten nun in ihre eher kurze Ehe-Idylle (mehr dazu lest ihr im Buch). Mit in der nächsten Ausgabe stelle ich euch die geheimen Hauptfiguren meiner Geschichte vor – die Tiere der Arktis und vor allem … die Hunde!
Bis dahin schöne Grüße und macht es gut! 👋 Angela
Hier die letzten Folgen der Nordlichtpost:
Schreibe einen Kommentar