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Newsarchiv – 8. September 2024: Prequel zu „Eismusik“

Hier Cover, Klappentext und das erste Kapitel meines Prequels zu Eismusik „Die Ouvertüre“, in dem ich eine entscheidende Episode aus dem Leben des ganz jungen Fridtjof Nansen erzähle.


Prequel zu Nansen-Roman "Eismusik"

Angela Lund: DIE OUVERTÜRE | Vorgeschichte zu „Eismusik- die Liebe von Eva und Fridtjof Nansen«

Der legendäre Polarforscher Fridtjof Nansen an der Schwelle zum größten Abenteuer seines Lebens.

Der junge Zoologe Fridtjof Nansen hat drei Leidenschaften: das ewige Eis, den noch jungen Skisport – und die Frauen. Um die Gunst der verwöhnten Kaufmannserbin Emmy zu erringen, scheut er keine Herausforderung, nicht einmal einen verrückten Ski-Marathon quer durch Norwegen, gefolgt von einem waghalsigen Wettbewerb. Doch während er in romantischer Mission Europas größte Hochebene per Ski überquert – 250 Kilometer fast non-stop und mitten im Winter 1884 – da entdeckt er etwas noch viel Größeres: Seine Bestimmung.

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Ostgrönland an einem trüben Tag…
(Foto: Jennifer Latuperisa-Andresen auf Unsplash)

Angela Lund

DIE OUVERTÜRE

Vorgeschichte zu „Eismusik- die Liebe von Eva und Fridtjof Nansen«

„Verliebtheit ist die Ouvertüre, doch nicht das Konzert.“
(aus: „So spricht die Liebe“, B.Reszat, Knaur, 2003)


Kapitel 1

Juli 1882, vor dem Scoresby-Sund, Ostgrönland

Meist erkennen wir Menschen, wozu wir berufen sind, indem wir etwas tun, das uns mühelos von der Hand geht. Der Ruf erwächst dann aus zunehmender Vertrautheit, so wie sich manche Vernunftehe über die Jahre zur Liebe wandelt.

Doch nicht jedem lässt das Schicksal diese Zeit.

Manchen trifft der Ruf wie ein Blitz aus heiterem Himmel, ein »coup de foudre«, wie Liebe auf den ersten Blick: fremd, beängstigend und unumkehrbar.

So erging es dem 21-jährigen Zoologiestudenten Fridtjof Wedel-Jarlsberg Nansen aus Kristiania, von allen nur „Frido“ genannt, als er vom Deck des Robbenfängers Viking aus die Ostküste Grönlands erblickte. Und dort, zwischen Nebelbänken und treibenden Eisbergen, etwas fand, von dem er nicht gewusst hatte, dass es ihm fehlte.

»Wir sollten an Land gehen«, bestürmte er den Kapitän, einen Schnauzbart namens Krefting, der seit Jahr und Tag das Eismeer befuhr. „Die Bucht da vorn sieht aus, als könne man leicht auf das Inlandeis aufsteigen. Ostgrönland ist nahezu unerforscht, der Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft und für ganz Norwegen wäre enorm.“

„Auf keinen Fall“, knurrte Krefting und spuckte einen Klumpen Kautabak über die Reling. „Der Wind dreht endlich, wir sind gerade erst wieder frei und die Dünung kommt von Norden – da wird ich den Teufel tun, und die einzige Chance verspielen, noch vor den Herbststürmen heimzusegeln …«

„Aber ich muss dahin!“

„Junge, da muss niemand hin.«

Der Kapitän gab ein Brummen von sich und drehte ihm den Rücken zu. Für ihn war das Thema damit erledigt. Erst als er schon an der Treppe und auf dem Weg unter Deck war, bemerkte er beiläufig, der Matrose im Ausguck habe Baron Nordenskiölds Vega gesichtet, Frido könne sich ja überlegen, auf dessen Schiff zu wechseln, wenn er partout wolle.

„… und ich wär den oberschlauen Grønnskolling damit endlich los“, hörte Frido ihn grummeln, dann war er wieder allein auf dem Achterdeck.

Vier Monate kreuzten sie nun schon in der Grönlandsee auf der Suche nach Robben und Eisbären – davon die letzten Wochen hilflos eingefroren in einer Treibeisscholle gigantischen Ausmaßes.

Vier Monate hatte er auftragsgemäß die Fauna der Arktis in all ihrer Vielfalt studiert, erforscht und, ja, auch gejagt. Und nun, wo die Steilküste Grönlands zum Greifen nah vor ihm lag, sollte er sich abwenden, ohne auch nur einen Fuß auf Land gesetzt zu haben?

Unmöglich.

Frido betrachtete die eisigen Klippen und fernen Gletscher, deren milchweiße Gipfel sich im Nebel auflösten. Zwischen zwei unregelmäßig geformten Eisriesen, die im Pulk mit ein paar kleineren Eisbergen gen Süden trieben, erhaschte er die Umrisse einer Dreimastbark mit halbgerefften Segeln: die Vega.

Ob Nordenskiöld tatsächlich an Bord war? Frido hatte dazu nichts in der Zeitung gelesen. Und selbst wenn er dort wäre, würde er ihn überhaupt nehmen? Nach kaum einem Jahr Studium, ohne Polarerfahrung… und nicht einmal Schwede?

Frido rieb sich sein bartloses Kinn. Keine Chance, man wird mich höchstens auslachen. Nein, Kaptein Krefting hat wohl recht, ich sollte noch warten…

Schweren Herzens verfolgte Frido, wie die Vega lautlos außer Sichtweite gen Süden segelte. Das legendäre Schiff des schwedischen Entdeckers Erik Nordenskiöld. Jene unverwüstliche Bark, die nun erneut durch polare Gewässer pflügte. Vor Grönland, der großen Unbekannten im Nordwesten. Ein Zeichen? Er betrachtete Schiff und Steilküste und unterdrückte ein Seufzen.

An diesem Tag lernte Frido, was Sehnsucht heißt. Doch bis er die Ostküste Grönlands wiedersehen würde, sollten sechs lange Jahre vergehen. Manches Ziel wird erst durch Umwege erreicht, und von diesen Umwegen musste er einige nehmen. Zum Beispiel den über die drögen Labore der Universität Bergen. Und den über Emmy Caspersen…

(„Die Ouvertüre“ kostenlos hier weiterlesen)

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