Dieser Blogartikel ist Folge 3 einer Neuauflage der „Nordlichtpost“ – einer exklusiven Newsletter-Serie rund um die Veröffentlichung meines Romans „Eismusik – Fridtjof Nansens größte Liebe„. Alle Folgen auf einen Blick hier.
Expeditionen ins ewige Eis: Ruhm, Entdeckungen und Tragödien
Die Polarregionen üben seit jeher eine besondere Faszination aus. Zunächst zogen Abenteurer in die Kälte, um neue Fischgründe und Siedlungsgebiete zu finden. Im 18. und 19. Jahrhundert lockten dann Ruhm, Entdeckerfreude und die Aussicht auf reiche Beute.
Vor allem in der Arktis entbrannte ein Wettlauf der Nationalstaaten um die noch unerforschten Gebiete – ohne Rücksicht auf die Menschen, die dort seit Jahrtausenden lebten.
Viele Expeditionen zog es ins Nordpolarmeer, einige der berühmtesten erwähne ich in meinem Roman „Eismusik«. Von den zahlreichen Polarschiffen, die sich im Laufe der Jahrhunderte gen Norden aufgemacht haben (und oft nicht mehr zurückgekehrt sind), möchte ich folgende näher vorstellen:
Die HMS „Terror“ und die HMS „Erebus“
Die Terror und die Erebus waren zwei britische Schiffe, die 1845 unter der Führung von Sir John Franklin auf einer Expedition nach der Nordwestpassage aufbrachen. Beide Polarschiffe wurden im Eis gefangen und es gab keine Überlebenden. Es dauerte fast 170 Jahre, bis ihre Wracks schließlich vor einigen Jahren wiedergefunden wurden.
Die ebenso tragische wie rätselhafte Geschichte der Franklin-Expedition wurde schon oft erzählt, z.B. als erzählendes Sachbuch, als literarischer Welthit, als historischer Horror-Roman oder als dessen Serien-Adaption für den Bildschirm.

Die „Vega“
Die Vega war ein schwedisches Polarschiff, das 1878 unter der Führung des Finnland-Schweden Adolf Erik Nordenskiöld auf eine Expedition in der Arktis aufbrach.
Die Vega befuhr als erstes Schiff die Nordostpassage entlang der sibirischen Nordküste und erreichte so den Pazifik. Nordenskiöld wurde daraufhin in den Adelsstand erhoben. Er bekommt als „Baron Nordenskiöld“ eine eigene Szene mit Fridtjof Nansen in meinem Roman.

Die HMS „Pandora“ bzw. spätere USS „Jeannette“
Die „Pandora“ war ein britisches Schiff, das 1875 auf eine Expedition in die Arktis aufbrach. Nach einem schweren Sturm und dem Festfahren im Eis wurden das Schiff und die Mannschaft von einheimischen Fischern gerettet.
Unter amerikanischer Flagge brach das Schiff dann als „Jeannette“ erneut in die Arktis auf, landete aber vor Ostsibirien wieder im Packeis und wurde zerstört.
Der Fund einer Planke des gesunkenen Schiffes auf der gegenüberliegenden Seite des Arktischen Ozeans bei Grönland inspirierte wiederum Fritjof Nansen zu seiner Expedition mit der „Fram“. Er erkannte, dass es einen Zusammenhang zwischen den im Eis treibenden Schiffen und den arktischen Strömungen gab.

Die „Endurance“
Dies war ein Expeditionsschiff, das von Sir Ernest Shackleton für seine geplante Überquerung der Antarktis verwendet wurde. Die Endurance-Expedition (1914-1917) endete jedoch in einem Desaster, als das Schiff im antarktischen Packeis stecken blieb und schließlich sank. Shackleton und seine Mannschaft konnten sich in einer unglaublichen Leistung selbst retten und überlebten.
Seit dieser Zeit steht der Name „Shackleton“ für Führungsstärke, Durchhaltevermögen und das unheimliche Glück des Überlebens.

Die „Italia“
Die „Italia“ segelte nicht, sie flog über das Eis. Das italienische Luftschiff brach 1928 unter der Leitung von Umberto Nobile zu einer Expedition in die Arktis auf. Nach einem Absturz und einer dramatischen Rettungsaktion mussten die Überlebenden tagelang auf Hilfe warten. Obwohl die meisten Besatzungsmitglieder gerettet wurden, gab es auch Opfer.
Und was viele nicht wissen: Auch Polarlegende Roald Amundsen beteiligte sich an der Suche nach der abgestürzten „Italia«, verschwand aber tragischerweise bei einem Rettungsflug und wurde bis heute nicht gefunden.

Die „Fram“ – DAS Polarschiff par excellence
Fridtjof Nansens Schiff wurde 1892 gebaut. Später nutzte es auch Roald Amundsen bei seiner Expedition zum Südpol. Es ist heute als begehbares »Fram-Museum« in Oslo ausgestellt, ein echtes Erlebnis!

In den Jahren 2020 und 2022 habe ich mehrere Tage im Fram-Museum verbracht, um dort zu recherchieren. In einer Bildergalerie am Ende dieser Mail nehme ich euch auf einen kleinen virtuellen Rundgang auf der Fram und unter Deck mit.
Zunächst aber lasse ich Fridtjof Nansen in einem ersten kurzen Auszug aus „Eismusik“ erklären, was er mit seinem Schiff vorhat. Nach den eingangs geschilderten Schicksalen kann man sich die Kühnheit seines Planes vielleicht noch einmal vorstellen. Aber lest selbst!
18. Februar 1889, der »Salon Fritzner« im Grand Hotel, Kristiania
Als Fridtjof von Professor Mohn die offizielle Einladung zur Vorstellung seines Plans bei der Geographischen Gesellschaft übermittelt bekommen hatte, war er zwar äußerlich ruhig geblieben. Doch insgeheim hatte ihn nervöse Erregung gepackt. Eine Erregung, die sich auch jetzt in seine Stimme schlich, als er vor eine Landkarte der Arktis trat, die er improvisiert an die rückwärtige Wand des Salons gehängt hatte.
»Sehen Sie hier? In diesem Bogen verläuft die Polardrift. Zumindest gehe ich davon aus! Mein Schiff wird so klein und stark wie möglich sein, eigens dafür konstruiert, den Kräften des Eisstroms standzuhalten. Wir segeln zuvor vom Nordkap so weit wie möglich die sibirische Küste entlang durch eisfreie See, immer Richtung Nordosten – hier! –, bis wir im Eis festfrieren. Derart eingefroren, driften wir dann mit dem Packeis immer weiter und weiter … bis zum Nordpol.«
Da, jetzt hatte er es gesagt! Er hatte ausgesprochen, was ihn seit mehr als sechs Jahren umtrieb. Sein geheimes Ziel. Seine fixe Idee. Seinen Lebenstraum.
»Wir driften quer hinüber, so …« Fridtjof umfasste die Karte mit einer weit ausholenden Geste. Angesichts der schieren Größe sowohl der Arktis als auch seines Plans schlug sein Herz schneller, und er konnte seine innere Bewegung nur mühsam im Zaum halten. »Wir driften über den Pol und machen Geschichte.«
Er ließ den Arm sinken und es entstand ein kurzer Moment des Schweigens.
Seine Zuhörer schienen nicht sonderlich beeindruckt. Professor Mohn immerhin, auf dessen Theorien sein Plan fußte, lächelte ihm wohlwollend zu, und Mohns junger Sekretär Christofersen lauschte seinem Vortrag mit leuchtenden Augen. Doch die Miene von Ministerpräsident Stang blieb unergründlich. Dr. Olsen, sein Intimfeind vom Zoologischen Museum, schnalzte abschätzig mit der Zunge und Professor Ekelund konzentrierte sich lieber auf das, was er soeben mit spitzem Finger aus seinem Ohr gepult hatte. Fridtjof seufzte. Sie verstanden nicht. Oder wollten nicht verstehen. Bitte, er würde es ihnen erneut erklären …







Und was erwartet euch in der nächsten Nordlichtpost?
In Folge 4 lichten wir Anker und reisen der Mitternachtssonne entgegen! Wer sich darauf vorbereiten möchte, den lade ich ein, seine Polartauglichkeit vorab mit meinem eigens zum Roman entwickelten „POLAR-QUIZ“ zu testen. Viel Spaß und bis denn!
👋 Angela
Hier die letzten Folgen der Nordlichtpost:
Schreibe einen Kommentar