Historische Mode im 19. Jahrhundert: Die Silhouetten hinter der Meran-Saga

Sie ist der geheime Star jedes Kostümfilms, der im 19. Jahrhundert spielt – die aufwendige Kleidung der weiblichen Figuren! Dabei sehen Korsett und Reifrock für das ungeübte Auge oft ziemlich ähnlich aus. Und das wiederum führt manchmal dazu, dass man auf einigen Covern historischer Romane nicht nur die allgegenwärtige »Frau von hinten« präsentiert bekommt (gerne mit anachronistischem Wallehaar), sondern auch einen atemberaubenden Stilmix irgendwo zwischen Sissi, Piratenbraut und Disneyprinzessin.

Für mich ist so etwas im Dienst der erfolgreichen Vermarktung eines Romans immer noch keine Todsünde – hey, wenn’s gefällt, dann passt das schon, ich bin da (anders als bei Filmen) wirklich nicht kleinlich. Doch manchmal wird’s in Sachen Mode geradezu absurd. Als würde man auf einen 20.-Jahrhundert-Roman mit dem Schauplatz „Berlin Zwanzigerjahre“ ein 86er-Hippiemädchen in Schlaghose setzen. *autsch*

Mode im 19. Jahrhundert in an nutshell – vom Empire bis zur Kleidung in meiner Meran-Saga

Damit ihr aber ab sofort so einen Quatsch für das 19. Jahrhundert fix erkennt und wisst, welcher Modestil wann angesagt war (man weiß ja nie, vielleicht landet man ja doch mal per Zeitreise in der Belle Époque oder so?), habe ich euch hier einen groben Überblick zusammengestellt – inklusive berühmter Stilikonen, einiger Buchtipps zur Modegeschichte und diverser Anekdoten. Durch meine Meran-Saga, deren gerade erschienener Romanauftakt »Die Welt in Meran – Walzerblut« im Jahr 1872 einsetzt, habe ich mich (einmal mehr) ausgiebig mit der Mode des ausgehenden 19. Jahrhunderts beschäftigt und teile meine Recherchen gerne mit euch. Die Herrenmode kommt natürlich auch dran – nächste Woche!

Warum auch dieser Blogartikel Stück für Stück wächst …

Da ich gleichzeitig am nächsten Meran-Roman arbeite, entsteht dieser Blogartikel wieder peu à peu im Laufe der nächsten Tage. Schließlich wollt ihr ja auch wissen, wie es mit Helen, Jean, Max und Rosa weitergeht, und da hat »Schattenflamme« beim Schreiben immer Vorrang. Jau, wer bis hierhin gelesen hat, kennt jetzt den Titel des nächsten Bandes! 😉 Aber psst, wir sind hier ja unter uns, sagt es erst einmal nicht weiter …

Jetzt genug der Vorrede – legen wir los!

1. Zeitraum ca. 1790-1820

Je nachdem, auf welche Gegend in Europa man sich bezieht, wird diese Epoche auch als »Empire« oder »Regency« bezeichnet. Hier ein Bild eines sehr typischen Looks jener Zeit …

Das „Empire“ im historischen Kontext: Große Umbrüche, neue Silhouetten

Es war die Zeit der Napoleonischen Kriege, der Romane von Jane Austen und von Tolstois »Krieg und Frieden«, die Geburtsstunde dessen, was Historiker heute »Europäische Moderne« nennen. In der Damenmode liebte man es in jener Zeit leicht, schlicht und antik – oder zumindest das, was man sich damals unter Kleidung in der Antike vorstellte. Die sogenannte „Empire-Linie“ setzte den Bund knapp unter die Brust, und weiche, fließende Stoffe wie Musselin bestimmten die Mode.

Der Musselin-Wahn: Eleganz um jeden Preis

Als besonders schick galten diese Stoffe, wenn sie extrem dünn und fast durchsichtig waren. In gewissen Wintern in Paris kam es deshalb auch zu Opfern der sogenannten „Musselinkrankheit“, die meist eine Lungenentzündung war. Meine Oma hätte damals gerufen: „Kind, zieh dir was über! Du holst dir den Tod!“. Aber auf solche Ermahnungen haben modebewusste junge Damen schon damals nichts gegeben. Das Ergebnis, klar, Oma hatte mal wieder recht. Doch, ich schweife ab. 🙂

Als Kaiserin Joséphine Europas Geschmack prägte

Die Mode schlängelte sich jedenfalls am Körper entlang. Weite Unterröcke und starre Reifröcke, wie im Rokoko, waren so dermaßen „out“, wie das Ancien Régime. Und dieser Trend wurde durch den Hof Napoleons überall in Europa verbreitet. Kaiserin Joséphine galt als Stilvorbild. Man kann das damalige Ideal der Empire-Mode auch auf vielen Bildern des französischen Malers Ingres wiederfinden. Mit der Beschwörung antiker „Klassik“ drückte man politisch-gesellschaftliche Sehnsüchte nach mehr Klarheit und der Rückkehr zu eher reduzierter Eleganz aus.

Zweimal Jean-Auguste-Dominique Ingres, wie er topmodische Damen des Empire portraitiert…

Spencer, Häubchen und Pastell

Zu den schlichten, ätherisch-hellen Empirekleidern trug man gerne kurze Jäckchen (Spencer) oder große Schals, und – keine Austenverfilmung kommt ohne aus – natürlich „the bonnet“, die Haube! Ganz wichtig war auch, dass die Kleider weiß, ganz weiß, oder zumindest pastellfarben zu sein hatten – was für eine Arbeit für die armen Seelen, die diese Kleider im nasskalten Pariser oder Londoner November hernach wieder reinigen durften.

Weiter geht’s schon in den nächsten Tagen mit dem frühen viktorianischen Zeitalter um 1840/1850 – oder wie man es im deutschsprachigen Raum kennt: das Biedermeier …

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